Thermodynamik in der Küche

Heute fand ich zwei gleiche, übereinander gestapelte Gläser im Küchenschrank, die sich nicht mehr auseinander gingen. Sie bewegten sich keinen Millimeter, egal wie fest man zog oder drehte. Meine Mama meinte schon “Lass mal, ich tu die dann weg…”, doch der Physiker weiß natürlich sofort, was hier passiert ist. Als die Gläser aus dem Geschirrspüler kamen, waren sie und die umgebene Luft deutlich wärmer als die Zimmertemperatur. Danach wurden sie gleich zusammengestellt, wobei zwischen den Gläsern ein “luftdicht” abgeschlossenes Gasvolumen existiert. Kühlt es nun mit der Zeit ab, entsteht ein Unterdruck, der die beiden Gläser zusammenhält.

Schuld an der ganzen Misere ist die Thermodynamik, hier im Speziellen das Ideale Gasgesetz. Es hat allgemein die Form

p*V=N*k_b*T

wobei p für den Druck, V für das Volumen, T für die Temperatur, N für die Teilchenzahl und k_b für die Boltzmann-Konstante steht. In unserem Beispiel ist die Teilchenanzahl sowie das Volumen konstant, da es sich um ein abgeschlossenes Gasvolumen handelt und die Gläser zunächst nicht bewegt werden. Folglich können wir auch schreiben

\frac{p}{T}=\frac{N*k_b}{V}=c=const.

Damit sieht man bereits, dass der Druck sinken muss, wenn die Temperatur sinkt, da ja die rechte Seite der Gleichung immer konstant bleiben muss. Damit ist auch klar, wie man die beiden Gläser wieder auseinanderbekommt. Ich hab sie dann einfach unter heißes Wasser gehalten und schon konnte ich die Gläser mühelos auseinanderziehen.

Noch ein kleines Rechenbeispiel: War die Luft beim Zusammenstellen etwa 40°C heiß und der Luftdruck die ganze Zeit etwa konstanz, so gilt \frac{p}{T}=\frac{1013 hPa}{40 \textdegree C}=\frac{1013 hPa}{313 K}=3,24 \frac{hPa}{K}

Nach dem Abkühlen hat die Luft zwischen den Gläsern nur noch einen Druck von p = 3,24 \mathrm{\frac{hPa}{K}} * \mathrm{T} = 3,24 \mathrm{\frac{hPa}{K}} * 20 \mathrm{\textdegree C}=3,24 \mathrm{\frac{hPa}{K}} * 293 \mathrm{K}=949 \mathrm{hPa}

also eine Differenz von 64 Hektopascal. Wegen p=\frac{F}{A} entspricht das einer Kraft von F =p*A = 64 \mathrm{hPa}*1 \mathrm{cm^2} = 0,64 \mathrm{N} pro Quadratzentimeter. Bei einem Glas mit etwa 6cm Durchmesser am Boden ergibt dies eine Fläche von A=\pi*r^2=\pi*9 \mathrm {cm^2} \approx 28 \mathrm{cm^2} , also eine Kraft von 18N pro Seite. Dies entspricht etwa der Gewichtskraft, die eine Masse von 2kg verursacht. Nicht berücktsichtigt sind hierbei die Reibunsgkraft zwischen den Gläsern, die noch dadurch verstärkt werden wird, dass diese sich auch unter Wärme ausdehen und danach wieder zusammenziehen.